Einwandererschicksale und “American Dream” bei der “Drama Group des Max-von-Laue
KOBLENZ. Da träumt man von Amerika, verlässt Osteuropa für eine Reise um die halbe Welt, kommt an in New York, im Big Apple, der Hauptstadt der Welt, sucht sein Glück – und wo landet man? Unter der Brooklyn Bridge an einem Bananenstand. Fühlen sich so unbegrenzte Möglichkeiten an? In „Welcome to America”, dem neuen Stück der „Drama-Group” des Max-von-Laue-Gymnasiums, schon. Hier wird Amerika beschrieben als eine kapitalistische Hülle, die in völliger Oberflächlichkeit funktioniert.
Die Schülertheatergruppe um Lehrerin und Regisseurin Doris Haß bleibt somit dem Themenfeld des „American Dream” treu, der bereits in früheren Produktionen untersucht wurde. Das Stück basiert auf „The Pushcart Peddlers” des erfolgreichen Bühnen- und Filmdrehbuchautors Murray Schisgal, die „Drama-Group” hat eine eigene Bearbeitung mit Musik auf die Bühne gebracht: Ein Klezmer-Ensemble (Angelika Seifert, Sabine Will, Vlada Putotzkaja, Claudia Blukot) fängt Stimmungen ein und beschreibt mit der Musik die Gefühlswelt des jüdischen Amerika-Frischlings Schimmel Shitzman (Lilly Wittkowski), Der gerät unter der Brücke an den augenscheinlich erfolgreichen Cornelius J. Hollingsworth III., der Shitzman zunächst rät, einen amerikanischen Namen zu kaufen – so werde er nur ausgelacht. Shitzman gehorcht, gibt dem gemeinen Geschäftemacher all sein Geld, nennt sich fortan Samuel P. Stone und steigt ins Entertainment-Business ein – alles innerhalb eines Tages.
Man darf nicht alles für bare Münze, nehmen, was die sehr junge Darstellerschar (zumeist Mittelstufenschüler) in englischer Originalsprache (wie immer bei der „Drama-Group”) auf die Bühne bringt. Schisgals Spiel ist ein groteskes, seine Figuren und die abstruse Handlung dienen ihm, das Wesen des amerikanischen Traums zu entlarven. Alle sprechen etwa feinstes Englisch, obwohl sie gerade erst vom Boot kommen. Ein blindes Blumenmädchen namens Maggie Cutwell entpuppt sich als erstens nicht blind und zweitens hervorragendes Sangestalent. Claudia Blukot spielt diese Maggie mit Charme und Stimme. Shitzman/Stone wird ihr Manager – und schon braucht er nicht mehr am Bananenstand zu arbeiten, den er eben noch mitsamt allen gelben Früchten kaufte. Amerika eine Bananenrepublik? So weit gehen weder Schisgal noch „Drama-Group”. Dennoch erzählt „Welcome to America” deutlich mehr über die USA als über die Befindlichkeiten der jüdischen Einwanderer, deren Kampf um Anerkennung die Regisseurin Haß dafür umso geschickter in den Mittelpunkt rückt.
Überhaupt, die Regie: Haß treibt das absurde Spiel auf die Spitze, wenn sie etwa Hollingsworth von drei Darstellern (Vanessa Heubes, Sarah Keßler, Sabine Will) spielen lässt, die gegenseitig und miteinander die Sätze des dominanten Aufschneiders ergänzen – da entsteht feine Komik und eine schlüssige Inszenierung. Lieblinge dieser sind allerdings die sieben „Kids”, die andauernd in der Szenerie herumlümmeln, wenn es drauf ankommt, aber eine zweite Erzählebene schaffen, wenn sie etwa -passend zu einem Song – ein jüdisches Hochzeitsritual darstellen. Auch diese verschmitzte Idee ist eine Stärke dieser Inszenierung.
Tim Kosmetschke
Cornelius J. Hollingsworth | Vanessa Heubes Sarah Keßler Sabine Will |
Shimmel Shitzman | Lilly Wittkowski |
Maggie Cutwell | Claudia Blukot |
Kids:
Ilja | Philipp Baumann |
Fedja | Richard Buchinger |
Mendel | Vinh Kha Bui Lam |
Tevje | Lars Kölsch |
Lazar | Thomas Sparding |
Mottel | Jerôme Turowski |
Yussel | Andreas Weinand |
Sign Girl | Angelika Seifert |
Souffleuse | Kai Zhang |
Gesamtleitung
Doris Haß
Violine Tenorflöte |
Angelika Seifert |
Klarinette | Sabine Will |
Piano | Vlada Putotzkaja Claudia Blukot |
Gesang | Claudia Blukot Sarah Keßler |
Ausstattung
Patrick Keßler, Sabine Will, Marc Stahlhofen, Angelika Seifert, Lilly Wittkowski, Heiko Schmengler u.a. Die Bananen wurden von einigen unserer Unterstufen-klassen in mühevoller Kleinarbeit hergestellt.
Technik
Jonas Häring
Andreas Wolf
Björn Hemmers
Plakat
Patrick Keßler
Doris Haß
Kai Zhang
Wir danken der Sparkasse Koblenz, die aus Mitteln der Stiftung “Für die Koblenzer Jugend” das Theaterprojekt WELCOME TO AMERICA unterstützt hat.